Unser Wunsch wurde erhört. Am Morgen hatte der Regen zumindest nachgelassen und hörte bis zum Frühstück komplett auf. Der erste Blick auf die Pferde zeigte, dass Paul und Soleo den Wanderritt mit einem Wellnessritt verwechselt hatten und sich dazu passend eine flächendeckende Schlammpackung verpasst hatten. Captain Sepp schickte uns Frühstücken und wusch in der Zwischenzeit tatsächlich unsere Pferde. Sogar mein übervorsichtiger Spanier ließ sich entspannt von ihm säubern.
Unser Captain ist halt ein echter Gentleman und bewies das gleich noch einmal, indem er sein Pferd sattelte und uns ein Stück begleitete.
Nachdem wir uns wieder getrennt hatten, mussten wir eine Steigung bewältigen, die es in sich hatte. Sogar bei unserer Alpenüberquerung im Vorjahr war kein vergleichbarer Aufstieg dabei. Die Pferde bewiesen uns, dass sie, wenn es darauf ankommt, das Zeug zur Bergziege haben und schoben sich sicher und souverän Meter für Meter voran. Wir waren unsagbar stolz auf unsere Jungs und begeistert wie vielseitig und abwechslungsreich die Strecke ist.
Zur Erholung kam anschließend ein eher gemütlichen Teil und dann kamen wir zu einem Aussichtsturm, dessen Optik wie gemacht war für tolle Erinnerungsbilder. Nach dem Shooting ging es weiter und an diesem Tag schafften wir es tatsächlich zum ersten Mal (trotz einer kurzen „Alternativroute“) fast pünktlich bei unserem Mittagsziel anzukommen. Als wir auf den Stall zuritten, begann es erneut zu tropfen. Franky, der Hufschmied, erwartete uns bereits mit vorbereiteten Boxen, Heu und Wasser für die Pferde und einer Pizza aus dem Steinofen für uns.
In der Zwischenzeit verwandelten sich die leichten Regentropfen in starke Regenfälle. Da wir stets positiv denken, waren wir immer noch fest davon überzeugt, dass es sich hier nur um einen Schauer handelt. 2 ½ Stunden und einen Verdauungsschnaps später, kamen wir zu der schmerzlichen Erkenntnis, dass es heute wahrscheinlich kein Schauer ist. Im Gegenteil, es hatte sich mittlerweile richtig eingeregnet und zum strömenden Regen kam noch dichter Nebel und machte das Wetter perfekt. Also perfekt um sitzenzubleiben und dem Feuer im Kamin zuzusehen. Da wir jedoch noch eine ziemlich lange Strecke auf einer Teerstraße vor uns hatten, konnten wir nicht länger warten. Rein in die Regenmäntel, Hut in die Stirn gezogen und dann konnte es weitergehen. Später erfuhren wir, dass dies der schlimmste Regen seit Jahren war. Straßen wurden unter- und überspült und kleine Rinnsale verwandelten sich in reißende Bäche und mittendrin wir: Unerschrocken, immer noch Witze machend und manchmal sogar singend. Die aktuelle Stärke der Regenschauer konnte ich der Wassermenge, die von meinem Hut tropfte oder lief, entnehmen.
Als wir gerade bei Starkregen angekommen waren (also durchgehende Wasserrinne vom Hut), kamen wir zeitgleich auch an eine weitere Steigung von 970 Höhenmetern. Bei trockenem Wetter wäre es ein schöner Aufstieg durch den Wald gewesen, bei diesem Wetter wurde es zu einer Herausforderung und zur Schwerstarbeit für die Jungs. Der schmale Weg den wir aufsteigen mussten, hatte sich in einen tiefen matschigen Sumpf verwandelt und wir alle hofften inständig, dass unsere Hufeisen dort blieben, wo sie hingehörten. Der Schmiedegott schien es gut mit uns zu meinen und so blieben die Eisen an ihrem Platz. Oben angekommen waren wir auf der angekündigten langen Strecke die wir auf der Straße gehen mussten. Das hieß auch, ab jetzt gab es keine schützenden Bäume mehr und die allgemeine Stimmung auf der „Road to Nowhere…“ wurde nur durch ein regelmäßiges „…is no weit?“ unterbrochen. Das Wetter schaffte es trotzdem nur in kurzen Momenten unsere Stimmung zu drücken. Die nächste Erkenntnis war jedoch die, dass weder unsere Regenmäntel noch die Schuhe, den Test zur wasserabweisenden Bekleidung bestanden hatten. Die Straße zog sich endlos dahin und manchmal hatte das Ganze etwas vom Treck nach Oregon.
Ok, das ist übertrieben, obwohl es uns bei dem Wetter nicht verwundert hätte, wenn wir unterwegs Noah getroffen hätten, der sich gerade eine Arche zusammenzimmert. Noah war es dann nicht, aber ein Stimmungsaufheller kam trotzdem . Ungefähr 6 km vor dem Ziel kreuzte der Captain mit seinem kleinen, bis unters Dach vollgepackten, Auto unseren Weg und fungierte umgehend als unser persönliches Safety Car.
Vollkommen durchnässt kamen wir gegen 19.30 Uhr bei Claudia und Peter an und wurden hier bereits herzlich erwartet. Das Reiterstüberl war geheizt, damit unsere Sachen über Nacht trocknen konnten und nachdem die Pferde versorgt waren, wartete eine heiße Dusche auf uns. Nachdem wir den ganzen Nachmittag im Regen unterwegs waren, war eine heiße Dusche das absolute Highlight. Nachdem wir äußerlich gewärmt und wieder trocken waren, wartete Claudia mit einer warmen Nudelsuppe und hausgemachten Speck- und Brennesselknödel auf uns.
Es war total schön, dass wir auch hier sofort in die Familie integriert wurden. Die Töchter des Hauses waren genauso offen und herzlich wie ihre Eltern und man muss sich hier einfach wohlfühlen. Ohne mit der Wimper zu zucken, durften wir unsere stinkenden Pferdesachen im ganzen Haus zum Trocknen aufhängen, die komplett aufgeweichte Karte wurde ersetzt und von Peter sicherheitshalber laminiert. Auch hier zogen sich die Gespräche bis tief in die Nacht – Rosserer hoit…
Als wir ins Bett fielen und den Tag Revue passieren ließen, mussten wir über viele Sachen lachen und genau das schätze ich an meinen Mädels: Egal wie das Wetter ist, wir haben immer unseren Spaß! Regentage gehören zu einem Wanderritt und obwohl das jedem klar ist, strengt es trotzdem sehr an. Bevor ich einschlafe, setze ich eine Wachsjacke auf meine Wunschliste, alles andere ist wohl doch nur für leichte Schauer gedacht…