DIE ALPENÜBERQUERUNG – DER 6.TE REITTAG

Nachdem ich mich jetzt ausgetobt habe, geht es endlich zu den Erlebnissen des 6.ten Reittages. Gleich nach dem Start hänge ich noch ein bisschen durch und bemitleide mich selbst. Das geht umso einfacher, als mein Pferd das augenscheinlich auch tut. Er trägt mich wie die Prinzessin auf der Erbse und ich fühle mich gerade äußerst bedauert und verstanden…  😉

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Diese Phase hält aber nicht lange an, denn ich bekomme den dringend benötigten Adrenalinkick, der es schafft mich aus meiner Lethargie zu reißen. Wir kommen zum Aufstieg und der hat es in sich. Die Pferde müssen von einer Felsplatte zur anderen kommen. Diese Felsplatten sind bis zu 2 m lang und oft müssen die Pferde nicht nur hinaufklettern sondern springen. Es ist total faszinierend zu sehen, wie selbstständig mein Soleo sich die geeigneten Stellen sucht, an denen er ein bisschen Halt haben könnte und wie konzentriert er bei der Sache ist. Jetzt bin ich froh mich für das Reiten entschieden zu haben, denn es ist total aufregend und wie jeder weiß, mag ich sowas total. Aus Trainersicht, sage ich jetzt natürlich, dass es nicht ganz ungefährlich ist und man das eigentlich nicht machen sollte, aber als privater Reiter finde ich es einfach nur spannend und aufregend. Ich fühle mich lebendig und gefordert und bin wieder dabei. Es macht mir unsagbaren Spaß – bis ich zum ersten Mal auf das Hochmoor stoße.

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Bisher kenne ich Moor nur aus den Edgar Wallace Filmen, aber jetzt sollen wir mittendurch. Der Hinweis, dass es 15 Meter tief ist, oder diese 15 Meter zumindest erforscht sind, beruhigt mich nicht wirklich. Die Vorgehensweise ist eigentlich jedem klar: Mindestens 2 Pferdelängen Abstand und dann zügig durch. Die Theorie klingt gut, kann aber nur dann funktionieren, wenn sich jeder daran hält. Ein Mitreiter, hat ein Problem und bleibt stehen. Wie so oft auf diesem Ritt, erkennt er auch dieses Mal nicht, dass das Problem alle diejenigen haben, die hinter ihm reiten. Ich sehe Soleo gerade zu wie er mit dem Huf langsam tiefer sinkt, Georg hat ähnliche Probleme und springt ab um Apollo hinter sich herzuziehen und nicht zum ersten Mal auf diesem Ritt höre ich mich selbst fremde Leute anbrüllen…

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Ich bin mittlerweile auch runter von meinem Pferd und versuche Soleo wieder auf den Weg zu führen, der uns tragen kann. Ich liebe in diesem Fall mein braves Pferd, das vorsichtig seinen Fuß aus dem Moor zieht, mir ruhig folgt und nur kurz irritiert ist, als ich selbst einsinke. So erschreckend es ist, so faszinierend ist es auch. Vielleicht wäre hier ein praktischer Ort um unliebsame Mitreisende loszuwerden? Neiiiiiiin, das war nur ein Scherz!! Aber tatsächlich könnte man zuschauen wie jemand ganz langsam und fast unmerklich versinken würde. Als mir einfällt, dass der ein oder andere wahrscheinlich auch genervt von mir ist, werde ich leicht panisch und will weg. Ich vermute, dass ich das sehr deutlich zum Ausdruck bringe.

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Mein Super-Wanderschuh nach dem Abstecher ins Hochmoor…

 

 

 Im Nachhinein habe ich mich schlau gelesen, also nicht weil ich jemanden versenken will, sondern weil ich wissen wollte wie gefährlich es tatsächlich ist. Der Experte von Dr. Google sagt, dass es ein Märchen ist. So tief untergehen, dass man komplett im Moor verschwindet, wäre unmöglich. Die Gesetze der Natur sprächen einfach dagegen. Im Wasser wäre die Dichte unseres Körpers größer als die Dichte des Wassers und deshalb können wir untergehen. Der Schlamm im Moor hat hingegen eine größere Dichte als unser Körper, weshalb wir nicht untergehen könnten. Wie ein Korken im Wasser würden wir eintauchen um dann zurück an die Oberfläche gedrückt zu werden. Es ist aber zumindest möglich, im Moor stecken zu bleiben. Ungefähr in ca. Brusthöhe könne man steckenbleiben und zwar so fest, dass man sich alleine kaum noch herausziehen kann – so zumindest unser Fachmann. Der Fachmann hat bestimmt nicht die alten Schwarzweißkrimis gesehen, mit denen ich aufgewachsen bin. In diesem Fall wüsste er nämlich, dass dies bestimmt geht  😉

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Es folgt eine weitere Klettertour und dann haben wir es geschafft. Wir kommen an der Pillerhöhe an, auf 1600 Metern. Mein bisher braves Pferd hat jetzt anscheinend genug Kopfarbeit für heute geleistet. Wie ich das erkenne? Na ja, genau das Pferd das alle LKW`S geblockt und Kühe getrieben hat, geht nicht mehr an ein paar blöden Figuren vorbei.

Mag ja sein, dass diese Darstellung einer Opferprozession weltbekannt und aus Bronze ist, aber Leo beschließt, dass er so etwas grusliges noch nie in seinem Leben gesehen hat und lieber einen Berg herunterspringt als daran vorbeizugehen. Nach Aufbietung meiner ganzen Überzeugungskraft und Georgs Schutz von der Seite, kann ich ihn von seinem Suizidgedanken abbringen. Todesmutig schießt er im Mördertempo an dieser Prozession vorbei und vermittelt den Eindruck, als wenn es um unser Leben ginge. Soleo hat jetzt eindeutig keine Lust mehr Held zu sein. Wir kommen am „Gachen Blick“ an und haben hier beim Naturparkhaus Gelegenheit für eine kurze Pause.

Nach der Pause geht es bergab und ich führe. Ich merke, dass irgendetwas nicht stimmt und der Check bestätigt es. Wir haben es geschafft, bei dem Gehüpfe über die Felsen 2 der Vidiastifte abzubrechen. Dieses Manko stört jetzt natürlich extrem, weil er keinen Halt auf dem Weg ins Tal hat und mit dem Bein immer wegrutscht. Da er aber mit der Vorhand die angeschlagene Hinterhand ausgleicht, fällt ihm das zunehmend schwer.

Bei einer der Regenrinnen, die in regelmäßigen Abständen die Wege durchziehen, bleibt ein Pferd hängen und verbiegt sich das Eisen so, dass unsere Schmiedin wieder zum Einsatz kommen muss. Ich frage mich ernsthaft, wie es ohne Katrin hätte gehen können? Sie beschlägt in den unmöglichsten Situationen und ermöglicht es uns dadurch, den Ritt fortzusetzen.  Die Zeit die sie braucht um dem Vierbeiner ein Weiterlaufen zu ermöglichen, gibt uns Zeit zum Ausruhen und das gönne ich meinem Pferd jetzt gerne. Vor allem weil wir, kaum im Tal angekommen wieder durch eine Stadt müssen. Mit einem Lächeln erkenne ich, dass ich hier schon einen wunderschönen Urlaub machen durfte. Ich hätte nicht gedacht, dass ich hier irgendwann mit dem Pferd durchkommen würde. Schön, wenn man so wunderschöne Erinnerungen an einen Ort hat…

Wir reiten weiter und Soleo tut sein Bestes um meine Aufmerksamkeit auf sich allein zu lenken. Mein Held auf diesem Ritt, das Pferd das bisher alles durchgezogen hat, hat soeben beschlossen das jetzt Schluss mit lustig ist und Kühe aus Holz eine enorme Gefahr sind. Nur gut, dass wir in Österreich, mitten im Touristengebiet sind und jeder 2.te diese Scheiß-Holzkuh vor der Tür stehen hat. Eine besonders gefährliche Kuh bringt ihn sogar dazu, so panisch zu werden, dass ich absteigen  und ihn daran vorbeiführen muss. Man merkt eines ganz deutlich – jetzt ist es genug für heute.

Wir erreichen irgendwann auch Gottseidank „Mannis Ranch“ und welch eine Freude, auch Manni mag Figuren vor der Ranch. In weiser Voraussicht, habe ich Soleo das verschwiegen und ihn im Schatten seiner Freunde auf den Lagerplatz für die nächste Nacht geritten.

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Wir bauen die Paddocks auf, versorgen die Pferde und dann kommt eine echte Überraschung! Das wohl tollste Hotel dieser Reise wartet auf uns. Irgendwie kann man das leider gar nicht so genießen, denn nach einem guten Essen fällt jeder in sein Bett und schläft wie ein Stein. Ambiente ist also nicht das, was uns gerade besonders ins Auge fällt und auch nichts das wir mit mehr als einem „Das ist aber schön“ würdigen

Die Tatsache, dass Katrin mit mir morgen sehr früh in den Stall fahren will, um für Soleo neue Stifte in die Eisen zu setzen, verkürzt meine Schlafzeit und so bin ich echt froh, als ich frisch geduscht in mein Bett falle. Sollte also jemand Angst gehabt haben, dass ich oder sonst wer es so richtig krachen lassen auf dieser Tour, muss ich euch enttäuschen. Aber vielleicht wird das ja noch, wir haben noch ein paar Tage vor uns…

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